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Aktuelles aus dem Medizinrecht

  • 12.09.2022 | Gegenseitige Vertretung von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitsvorsorge
  • Mit Beginn des Jahres 2023 treten neue gesetzliche Bestimmungen im Zusammenhang mit der gegenseitigen Vertretung von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitsvorsorge in Kraft. Patienten und Ärzte sollten sich frühzeitig mit den Neuregelungen vertraut machen.

    Die Neufassung des § 1358 des Bürgerlichen Gesetzbuches soll eine unkomplizierte Vertretungsberechtigung der Ehegatten untereinander in einer Notsituation schaffen. Durch eng begrenzte Voraussetzungen soll gewährleistet werden, dass Ehepartner im Betreuungsfall füreinander verbindliche Entscheidungen über medizinischen Behandlungen treffen können.

    Voraussetzungen und Geltungsbereich
    Grundvoraussetzung für das Vertretungsrecht des Ehegatten ist, dass der jeweils andere aufgrund von Bewusstlosigkeit oder Krankheit nicht mehr selbst in der Lage ist, konkrete Angele-genheiten seiner Gesundheitssorge zu regeln. Diese Angelegenheiten sind abschließend auf-gelistet und umfassen zum einen die Entscheidungsmacht über ärztliche Behandlungen sowie (operative oder diagnostische) Eingriffe, für die der vertretende Ehegatte anstelle des Patienten aufgeklärt werden muss. Zum anderen dürfen Verträge, die im Zusammenhang mit der Behandlung oder unmittelbaren Rehabilitation stehen, mit dem vertretenden Ehegatten abge-schlossen werden. Freiheitsentziehende Maßnahmen zum Schutz des betroffenen Ehegatten dürfen im Einverständnis mit dem vertretenden Ehegatten bis zu sechs Wochen mit einer gerichtlichen Genehmigung angeordnet werden. Schließlich dürfen auch Ansprüche gegenüber Dritten für den Betroffenen geltend gemacht werden. Dabei soll der Ehegatte immer im Interesse seines bewusstlosen bzw. erkrankten Partners handeln.

    Ausschlussgründe
    In gewissen Konstellationen ist das Vertretungsrecht jedoch ausgeschlossen. Wenn z.B. die Ehegatten voneinander getrennt leben, der Erkrankte/Bewusstlose die Vertretung durch den Partner im Vorhinein abgelehnt bzw. einer anderen Person eine Vollmacht erteilt hat oder schon ein Betreuer vorhanden ist, darf der Ehegatte seinen Partner nicht vertreten. Zudem ist die Vertretungsmacht zeitlich begrenzt auf sechs Monate ab Beginn des Erkrankungszustands.


    Pflichten des Arztes
    Mit den Neuregelungen gehen auch weitere Pflichten der Ärzteschaft einher. Der erstbehandelnde Mediziner hat zunächst den Zustand der Erkrankung bzw. Bewusstlosigkeit festzustellen und schriftlich zu bestätigen. Anhand dessen wird der zeitliche Rahmen der gesetzlichen Vertretung bemessen. Diese Bestätigung ist dem vertretenden Ehegatten gemeinsam mit einer schriftlichen Erklärung auszuhändigen, die eine Erläuterung der Voraussetzungen und Ausschlussgründe der eigenen Vertretungsmacht beinhalten muss. Der behandelnde Arzt muss sich zum Schutze seines Patienten auch selbst nach möglichen Gründen erkundigen, die gegen eine Vertretung sprechen und im Falle dessen einen Betreuer einfordern.

    Fazit

    Mit der neuen Regelung wird eine gewisse Notvertretung gesichert, die den Patienten und seine Interessen schnell und in unübersichtlichen Situation schützen soll. Mit konkreten Rahmenbedingungen und Pflichten für die Beteiligten soll dem betroffenen Ehegatten ein angemessener Schutz geboten werden. Praktikabler erscheint es allerdings, für den Fall der Bewusstlosigkeit oder der Geschäftsunfähigkeit von Eheleuten umfassende wechselseitige Vor-sorgevollmachten zu erteilen, die sich nicht nur auf die Gesundheitsvorsorge, sondern auch auf alle mutmaßlichen Interessen des zu Betreuenden erstrecken. Die Relevanz der dargestellten Neuregelungen erschließt sich daher noch nicht; die Praxis wird beweisen müssen, ob tatsächlich in großem Umfang von den Neuregelungen Gebrauch gemacht werden wird.


    Köln im September 2022

 
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