Bislang führte das Nachweisgesetz (NachweisG), das seit 1995 geltendes Recht ist, eher ein unauffälliges Schattendasein. Damit ist jedoch spätestens seit dem Beschluss seiner Neufassung, die am 01. August 2022 in Kraft tritt, Schluss. Denn mit der Neufassung des NachweisG sind weitreichende Mitteilungs- und Dokumentationspflichten der Arbeitgeber festgelegt worden, die bei Nichtbefolgung empfindliche Bußgelder mit sich ziehen können. Und so ist das NachweisG derzeit in aller Munde und verunsichert den ein oder anderen Arbeitgeber.
Das NachweisG gilt für alle Branchen des Arbeitsmarktes und betrifft daher auch die Arbeit-geber in Klinik und Praxis. Deshalb sollten sich auch sie mit den beschlossenen Neuerungen befassen. Was genau auf die Arbeitgeber in Deutschland zukommt, welche Konsequenzen bei einem Zuwiderhandeln gegen die Vorgaben des NachweisG drohen und wie eine praktische Handhabe der neuen Regelungen aussehen kann, haben wir im Folgenden für Sie zusammengefasst.
1. Wesentliche Änderungen der Neufassung des NachweisG
Mit der Neufassung des NachweisG wurde zunächst einmal der Anwendungsbereich des Gesetzes erweitert. Das Gesetz erstreckt sich nun auch auf die Arbeitsverhältnisse von vorübergehenden Aushilfen, deren Vertragsdauer unter einem Monat liegt.
Hohe Wellen der Empörung haben zuletzt jedoch vor allem die Änderungen zum eigentlichen Arbeitgebernachweis geschlagen. Nach der Neufassung des NachweisG muss der Arbeitgeber wie bisher wesentliche Vertragsbedingungen schriftlich niederlegen, die Niederschrift unterzeichnen und dem Arbeitnehmer aushändigen. Allerdings haben sich die in die Niederschrift aufzunehmenden Aspekte eklatant erweitert.
Hier die relevantesten Änderungen im Überblick:
2. Form des Nachweises
Die Niederschrift muss vom Arbeitgeber in Papierform und eigenhändig unterschrie-ben ausgehändigt werden. Die Aushändigung der Nachweise in elektronischer Form, also z.B. per E-Mail, ist im Gesetz ausdrücklich ausgeschlossen.
Mit diesem Schriftformerfordernis steht Deutschland unter allen anderen EU-Ländern allein und ist dafür vielfach kritisiert worden. Diese – in Zeiten der Digitalisierung durchaus berechtigte – Kritik ändert jedoch nichts an der vorgesehenen Regelung in ihrer beschlossenen Ausgestaltung. In aller Regel werden die wesentlichen Vertragsbedingungen wie oben beschrieben in einem wechselseitig unterschriebenen Arbeitsvertrag konkretisiert werden können.
3. Unterschiedliche Fristen für die Nachweispflicht
Für welche Vertragsbedingung der Arbeitgeber wann nachweispflichtig wird, hängt zum einen vom Beginn des Arbeitsverhältnisses und zum anderen vom Inhalt der Vertragsbedingung ab. Die maßgeblichen Fristen sind im Gesetz sehr ausdifferenziert gestaltet. Bei nach dem 01. August 2022 geschlossenen Arbeitsverhältnisse müssen Arbeitgeber etwa bereits am ersten Tag der Arbeitsleistung einige der wesentlichen Vertragsbestandteile (insbesondere zu Vergütung und Arbeitszeiten) dem Arbeitnehmer schriftlich aushändigen, während andere Informationen erst nach sieben Tagen, manche erst nach einem Monat mitgeteilt werden müssen.
Bei Arbeitsverhältnissen, die schon vor dem 01. August 2022 bestanden, hat der Ar-beitgeber eine Niederschrift der wesentlichen Vertragsbedingungen seinem Arbeitnehmer lediglich auf dessen Verlangen und dann binnen sieben Tagen, auszuhändigen. Die schriftlich niederzulegenden Informationen zur Fortbildung betrieblichen Altersvorsorge und Kündigung sind spätestens einen Monat nach entsprechender Auf-forderung durch den Arbeitnehmer auszuhändigen.
4. Bußgeld bei Zuwiderhandeln
Das neue Nachweisgesetz sieht anders als die bisherige Fassung Bußgelder für den Arbeitgeber vor, wenn dieser seinen Nachweispflichten nicht nachkommt. Wer die wesentlichen Vertragsbedingungen nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig aushändigt, muss mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu 2.000,00 Euro rechnen. Es handelt sich dabei um eine Ordnungswidrigkeit.
5. Fazit und Ausblick
Arbeitgeber sollten angesichts des Neufassung des NachweisG und den damit verbundenen gesteigerten Anforderungen die Arbeitsverträge und sonstige verwendete Formulare, die für Arbeitsverhältnisse mit Beginn nach dem 01.08.2022 verwendet werden sollen, im Hinblick auf die neu definierten wesentlichen Vertragsbedingungen überprüfen und ergänzen. Dabei kann insbesondere § 2 des Nachweisgesetzes in der neuen Fassung als Orientierung dienen. Da aber auch Arbeitnehmer, deren Arbeits-verhältnis bereits vor dem 01.08.2022 bestand, von ihrem Arbeitgeber Auskunft über die Vertragsbedingungen nach neuer Gesetzeslage verlangen können, sollten Arbeit-geber frühzeitig auch bei Altverträgen die neuen Aspekte ergänzen.
Auch wenn die Fristen für die arbeitgeberseitige Nachweispflicht gestaffelt sind, empfiehlt es sich, die im NachweisG geforderten Informationen dem Arbeitnehmer einma-lig und gebündelt auszuhändigen. Aus Gründen der Einfachheit werden viele Arbeitge-ber die vom NachweisG genannten Vertragsbedingungen wohl in den Arbeitsvertrag aufnehmen und dem Arbeitnehmer in dieser Form aushändigen. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass der Arbeitsvertrag vom Arbeitnehmer durch Unterschrift akzeptiert wird und daher nicht einseitig vom Arbeitgeber geändert werden kann. Deshalb kann es im Einzelfall sinnvoll sein, die Informationen des NachweisG, die über die Inhalte des Arbeitsvertrages hinausgehen, in einem separaten Nachweisschreiben zu verorten. Bei Unsicherheiten mit der Gestaltung neuer und Umgestaltung bestehender Arbeitsverträge und Nachweisschreiben sollten Arbeitgeber Rat bei ihrem Rechtsanwalt einholen.
* In diesem Beitrag wird ausschließlich aus Gründen der besseren Lesbarkeit stets die männliche Form verwendet; sie bezieht sich auf Personen jeden Geschlechts.
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